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welche aus den Städten weichen mußten. Narses wartete klug, bis das ungewohnte Klima und unmäßiges Genießen in den üppigen Gegenden Krankheiten erzeugten und die regellose Masse anfing zusammenzuschmelzen. Dann griff er sie an, wieder bei Capua, wo sie ihr Lager ausgeschlagen hatten (554). Die höhere Kriegskunst des schlauen Römers siegte, von dem Germanenheere sollen nur wenige entkommen sein. So gingen die Ostgoten unter, denen eine große Zukunft bestimmt zu sein schien. In mehreren Dörfern am Südabhange der Alpen will man noch die Nachkommen dieses so begabten und doch so unglücklichen Volkes entdeckt haben. Italien wurde nun eine oströmische Provinz, freilich nur auf kurze Zeit. Der den Oströmern schließlich verbleibende Teil hieß später das Exarchat von Ravenna, weil der Statthalter (Exarch) in Ravenna residierte.
Von den friedlichen Werken des „großen" Justinian ist besonders die Sammlung römischer Gesetze zu erwähnen, welche unter dem Namen corpus juris bekannt ist. Um eine feste Norm für die gerichtliche Praxis zu gewinnen, ließ er durch den Rechtsgelehrten Tribonins die wichtigsten Gesetze seit Hadrians Zeit, sowie die Rechtssätze und Erläuterungen der älteren Juristen zusammenstellen. Das große Werk besteht aus mehreren Teilen, von denen der Codex Justianens, welcher die früheren kaiserlichen Erlasse enthält, die Pandekten oder Erläuterungen der alten Juristen und die Institutionen, eine systematische Übersicht und Einleitung in das Rechtsstudium, die wichtigsten sind. Obgleich das corpus juris hauptsächlich den Zweck hatte, eine burchaus bespotische Regierung zu stützen, so ist es boch die Grnnblage für das Rechtsstubium geworben und hat nicht nur im oströmischen Reiche, sondern auch in Deutschland die alten einheimischen Volksrechte verdrängt. Mit einer wahren Leidenschaft gab sich Justinian feiner Neigung hin, allerlei Bauten zu unternehmen. So wurde unter ihm die abgebrannte Sophienkirche in Konftantinopel auf das prächtigste wiederhergestellt. Die Kosten zu diesen Bauten konnten nur durch die drückendsten (Steuern gedeckt werden. Das Volk seufzte unter dem Drucke und wurde außerdem von habgierigen Beamten so ausgeplündert, daß eine allgemeine Verarmung eintrat. Ein Glück war es, daß ein neuer, lohnender Industriezweig die Lust zu erwerben wieder erweckte. Um das Jahr 552 brachten persische Mönche die Seidenraupe nach Griechenland, indem sie ans China Eier dieses nützlichen Tieres in ihren hohlen Stöcken entführten. Justinian starb im Jahre 565.
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Extrahierte Ortsnamen: Capua Italien Ravenna Ravenna Deutschland Griechenland China
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Sohn Jürge auch eine recht reiche Frau gehabt. Drum war's seiu größter
Ärger, daß sich Jürge die Treukners Veronika zur Braut erkoren hatte
und auch heiratete. Und obwohl die jungen Leute sehr gut zusammen
paßten und sehr glücklich miteinander waren —- Gott hatte ihnen auch ein
Töchterlein geschenkt — der alte Klausberger brachte es so weit, daß Jürge
die Veronika verließ und sich mit der Tochter des Kaufmann Fleischer in
Pausa verheiratete. Von Glück und Friedeu war in dieser Ehe nun freilich
keine Spur Zu entdecken. Alle Tage gab's Zank und Streit. Jürge ergab
sich vor Ärger über seine Frau dem Trünke, und noch ehe vier Jahre ver-
gangen waren, trug man ihn, den am Säuferwahnsinn Verstorbenen, hinaus
zur letzten Ruhe. Niemand ging mit zu Grabe. Niemand beklagte ihn.
Hier, sagte man, hat der Himmel seine Vergeltung für eine böse That geübt.
Er hat's an Trenkners verdient.
Viele Jahre, Wohl mehr als dreißig, waren seit diesem Begräbnisse
vergangen. Der alte Klansberger war während dieser Zeit auch eines uu-
natürlichen Todes gestorben. Da mußte wegen eines notwendigen An-
banes an die Kirche ein Teil der Gräber beseitigt werden. Unter diesen be-
fand sich auch dasjenige des Jürge Klausberger. Als man es öffnete, sand
man ein ganz wohlerhaltenes Gerippe. Es hing zu aller Verwuuderuug
in den Gelenkbändern so fest zusammen, als wären die Knochen durch starken
Draht verbunden, während in allen anderen aufgebrochenen Gräbern die
Gerippe zerfallen waren. Das ganze Dorf lief ob dieser Merkwürdigkeit
zusammeu, und die alten Leute sagten: „Der Treubruch läßt deu Jürgeu
Klausberger nicht Staub und Asche werden." Auch beim Wegschaffen ins
Beinhaus blieb das Gerippe gauz, obwohl die Baueru uicht gerade zart
damit umgingen. Es war nach der Meinuug der Leute gewiß, daß auf
diesen Überresten des Jürge der Baun einer unsichtbaren Macht lag, der sie
fest zusammenhielt. Wie sehr auch oft der Sturm durch das Gitter des
Beiuhauses eindrang und unter seinem gewaltigen Brunsen die schlotternden
Knochen des Klappermanns geschüttelt wurden, sie blieben fest zusammen-
gcsügt. Von nah und fern kamen die Leute uach Thierbach, um den Klapper-
mann zu seheu.
An zwanzig Jahre lang hing das Gerippe an einem Nagel im Bein-
Hanse zu Thierbach, und wie alles in der Welt der Gleichgiltigkeit der Menschen
verfällt, so war das auch mit ihm der Fall. Nur uoch selteu gedachte jemand
sein. In Thierbach selbst war im Verlause der Zeit so mauches auders
geworden. Die Wunden des 30jährigen Krieges waren allmählich vernarbt.
Ein neues Geschlecht war herangewachsen, und auch einige neue Ansiedler-
bewohnten das Dorf. Zu diesen gehörte der Kantor Altmaun, den die ganze
Dorsbewohnerschaft wegen seines freundlichen Wesens lieb gewann. Zu seiner
Familie gehörten außer ihm noch drei Personen, seine Frau, seine Tochter
Susanne, ein juuges, schmuckes Mädchen von etwa 18 Jahren und eine
hochbejahrte Greisin, die Großmutter der Frau Kautoriu. Die 80jährige
Großmutter war trotz ihres Alters immer noch recht auf deu Beinen und
schaffte in Haus und Wirtschaft, was ihre Kräfte nur immer vermochten.
Deshalb war sie allen lieb, besonders aber der Susanne wie ans Herz
gewachsen. Das juuge, lebhafte Mädchen würde nicht einen Bissen genossen
haben, wenn nicht ihr herzliebes Urgroßmütterchen davon bekommen hätte.
Aber auch die greise Frau hatte das hübsche Großeukelcheu vou Herzen lieb,
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bis die Stunde schlug, in welcher du zu der kommen mußtest, die du ver-
stoßen hattest. Um Gotteswillen darf ich nicht hart gegen dich sein — ich
verzeihe dir, möge dir Gott ein Erbarmer sein!"
Da klappten die Knochenfinger auseinander, und im Nu fiel das Ge-
rippe zusammen in einen Haufen losen Gebeins. Ein Schrei des Ent-
setzens entfuhr aller Lippeu. Die Greisin aber sprach nach einer langen
Pause mit feierlicher Stimme: „Jetzt weiß ich, warum Gott mir so lange
das Leben geschenkt hat. Du bedurftest der Versöhnung mit mir . . ."
Von ihren Angehörigen erlangte die Greisin nach langem Bitten das
Zugeständnis, daß das zerfallene Gerippe des Klappermanns später mit in
ihr eigen Grab gebettet werde.
26. Wie Schöneck entstanden sein soll.
I.
Wer hätte noch nicht von einem Berge seines Heimatortes ans im
Abendsonnenscheine Schöneck liegen sehen, das kleine, freundliche Städtchen
hoch oben am Bergabhange? *)
Wie weit kann man vom Friedrich-Auguft-Stein, dem Felsen neben
der Kirche, oder vom Bahnhofe aus im Lande umher schauen! Bis nach
Landwüst und zum Kapellenberg, bis zum Fichtelgebirge in Bayeru und
zum Frankenwalde in Thüringen reicht dein Blick. Wie eine große, breite
Mulde liegt der größte Teil des Vogtlandes hier vor uns. Tief geht es
hinunter bis zum Thale der Elster, wo man die Kirchtürme von Ölsuitz
erblickt, und hoch wieder hinauf bis zum Stelzeubanme. Fürwahr, die
Leute hatteu Recht, die den Ort die „schöne Ecke" nannten!
Herrlich ist es an warmen Tagen in dem großen „Schönecker Walde".
Sorglos kann man sich jetzt darin ergehen. Aber früher war das ganz
anders. Noch vor 150 Jahren hausten in diesen finstern Wäldern Wölfe
und Bären. Wollten die Leute aus den umliegenden Dörfern nach Schöneck
gehen, so versahen sie sich mit einem großen Stück Brot oder mit sonstigen
Nahrungsmitteln und gaben davon dem „Freund Petz" ab, um so mit ihm
auf gutem Fuße zu bleiben. Viele Bären wurden im Bärensang bei Kotten-
Haide lebendig gefangen und an den Kurfürsten abgeliefert; andere wurden
in die jetzt noch sichtbaren Bärenlöcher gelockt und dort getötet. Im 17.
und 18. Jahrhundert kamen Leute vom ganzen Vogtlcmde, z. B. von Chriesch-
Witz, Pirk, Schwand, ja sogar von Schönheide, Eibenstock, Stollberg bei
Chemnitz, hierher auf die Jagd, um sich „Wolfspelze" und „Bärenschinken"
zu holen. Gar mancher kühne Jäger hat aber bei der strengen Kälte und
dem Schneetreiben im Winter da oben fein Leben eingebüßt, und sein Leich-
nani wurde oft erst im Frühjahr bei eintretendem Tauwetter unter dem
Schnee hervorgezogen. Ja, Schöneck kann auch manchmal ein rechtes
„Schnee eck" sein!
Die dichten, finstern Wälder mit ihren tiefen Thälern waren in Kriegs-
zeiten oft sichere Verstecke für die Bewohner des oberen Vogtlandes. Das
*) Schöneck ist die höchste Stadt des Vogtlandes; der Bahnhof liegt 768 ra
über dem Spiegel der Ostsee. Nicht weit von Schöneck liegt das höchste Bauerngut
in Sachsen, Hohenreuth.
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die „Wacht am Rhein". Eine zweite Ansprache schloß die unvergeßliche
Feier, aber noch lange erhellte des Flammenstoßes Geleucht draußen ans
den umliegenden Höhen die Nacht.
25. Von den älteren Hzan- und Knnstdenkmätern
des Vogttandes *).
1. Unsere Heimat ist nicht reich an älteren Bau- und Kunstdenk-
malern; denn das Vogtland war in früheren Zeiten ein armes Land. Die
Bewohner seiner Städte sind nie zu solchem Reichtum gelangt, wie etwa
die Bürger Leipzigs, Nürnbergs oder Angsbnrgs Darum finden wir ans
vergangenen Tageu auch unr vereinzelt Wohnhäuser, die man ihrer Schön-
heit wegen bewundern könnte. Das Vogtland hat aber anch keine glänzenden
Fürstensitze aufzuweisen. Die Vögte, die das Land regierten, waren wenig
kunstliebend, und nicht selten fehlte es ihnen auch au Geld. Hatte man
aber doch in Friedenszeiten etwas geschassen, so wnrde das Geschaffene durch
schlimme Kriege und große Brände gar oft wieder vernichtet. Trotzdem
ist doch noch nianches vorhanden, was man seines Alters und seiner Kunst
wegen mit Ehrfurcht betrachten muß.
2. Zu den ältesten Denkmälern gehören die St ein kreuze, deren
man gegen vierzig zählt. An einigen von ihnen sieht man noch einge-
hanene Figuren, wie eine Axt, eine Armbrust, eine Lauze, ein Schwert,
einen Bischofstab. Die ältesten Kreuze stammen wohl ans dem 12. Jahr-
hunderte und mögen die Grenze angedeutet haben, bis zu welcher das Gebiet
der Kirche zu Plauen ging. Andere Krenze erinnern an begangene Mord-
thaten und mußten von dem Übelthäter nach dem Urteile des Gerichtes zur
Sühne gesetzt werden. Noch andere erinnern vielleicht an Kriegszeiten.
3. Als Baudenkmäler ans längst vergangenen Tagen stellen sich uns
dar Burg eu und Schlösser. Einige derselben stehen nur noch als Ruinen
vor uns, wie die mächtige Lobdabnrg zu Elsterberg und die zu Liebau;
andere aber fiud uoch erhalten oder sind aus deu Trümmern der alten wieder-
erstanden. Mehrere dieser Schlösser sind dadurch merkwürdig, daß sie aus
sogenannten Wasserburgen entstanden siud und zum Teil die Wasser-
befestig'.lugeu uoch zeigen, wie Geilsdorf, Reuth, Rödersdorf. In manchen
Schlössern finden sich einzelne sehenswerte Teile und Kunstgegenstände:
schöne Säle, alte Gemälde, kunstvoll gearbeitete Thüren, Öfen, Kamine n. n.
Die beiden bedeutendsten Burgen des Vogtlandes siud Vogtsberg und
Mylau, die mit ihren Türmen und Mauern gar trotzig in die Landschaft
Hinausschanen. In dem Schlosse zu Vogtsberg ist jetzt eine Gesängen-
anstatt untergebracht. Das alte Kaiserschloß zu Mylau ist vou Heimat-
liebenden Bürgeru Mylaus wieder in Stand gesetzt worden.
4. Schöne Bauten hat bürgerlicher Gemeinsinn geschaffen in den
R a t h ä n s e r n zu Plauen und Ölsnitz. Das Rathans zu Ölsnitz, das seines-
gleichen nur am Leipziger gehabt haben soll, fiel leider dem dreißig-
-
*) Der Aufsatz vermeidet absichtlich viele Namen. Er will nur Anregung und
Fingerzeige geben, die Bau- und Kunstdenkmäler im Heimatsorte und seiner Umgebung
aufzusuchen und zu betrachten.
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Doch als es ansgekluugeu,
die Trompete setzt er ab;
das Herz ist ihm zersprungen,
vom Roß stürzt er herab.
der Feldmarschall sprach leise:
„Das heißt ein selig End'!"
Um ihn herum im Kreise
hielt's ganze Regiment;
7. Die letzten Zehn vom vierten Regiment.
In Warschau schwuren Tausend ans den Knieen:
Kein Schuß im heil'geu Kampfe sei gethau!
Tambour, schlag' an! Zum Blachseld laß uns ziehen!
Wir greifen nur mit Bajonetten an!
Und ewig keuut das Vaterland und nennt
mit stillem Schmerz sein viertes Regiment!
Und als wir dort bei Praga blutig rangen,
kein Kamerad hat einen Schuß gethau,
und als wir dort den argen Todfeind zwangen,
mit Bajonetten ging es drauf und dran!
Fragt Praga, das die treuen Polen kennt!
Wir waren dort das vierte Regiment!
Drang auch der Feind mit tausend Feuerschlündeu
bei Ostrolenka grimmig auf uns an;
doch wußten wir sein tückisch Herz zu finden,
mit Bajonetten brachen wir die Bahn!
Fragt Ostrolenka, das uns blutend nennt!
Wir waren dort das vierte Regiment!
Und ob viel wackre Männerherzen brachen,
doch griffen wir mit Bajonetten an,
und ob wir auch dem Schicksal unterlagen,
doch hatte keiner einen Schuß gethau!
Wo blutigrot zum Meer die Weichsel rennt,
dort blutete das vierte Regiment!
O weh! Das heil'ge Vaterland verloren!
Ach, fraget nicht: wer uns dies Leid gethau?
Weh allen, die in Polenland geboren!
Die Wunden fangen frisch zu bluten an; —
doch fragt ihr: wo die tiefste Wunde brennt?
Ach, Polen kennt sein viertes Regiment!
Ade, ihr Brüder, die zu Tod getroffen
an unserer Seite dort wir stürzen sahn!
Wir leben noch, die Wunden stehen offen,
und um die Heimat ewig ist's gethan;
Herr Gott im Himmel, schenk' ein gnädig End'
uns letzten noch vom vierten Regiment! —
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27. Die jetzigen Wewotjner des Wogttandes.
1. Wer die echten Vogtländer kennen lernen will, der muß hinaus in
die vogtläudischeu Dörfer gehen; denn die Städte > welche alle Industrie
treiben und sich in den letzten Jahrzehnten stark vergrößert haben, können
jetzt deutsche Brüder aus allen Himmelsgegenden aufweisen. Die Vogtlän-
dische Landbevölkerung jedoch zeigt noch in vielen Seiten ihres Lebens die
alte, hergebrachte Art. Alle, die das Vogtlaud durchwandert haben, be-
stätigen es, daß sie dort einen kräftigen, genügsamen und fleißigen Volks-
stamm mit • biederem, offenen und treuherzigen Wesen kennen gelernt
haben.
Ter Vogtländer hängt an seiner Heimat mit großer Liebe, ja er läßt
sich oft dadurch so weit fortreißen, daß er die Vorzüge anderer Gegenden
übersieht. Obwohl das Vogtland nun schon seit ungefähr 4 Jahrhunderten
zu Sachsen gehört, nennt er sich immer noch mit einem gewissen Stolze
einen Vogtländer. „Wir Vogtländer", oder „bei uns im Vogtland", solche
Redensarten hört man häufig und überall.
Die Liebe zum Alten, der Hang zum Hergebrachten zeigt sich in
mancherlei Sitten und Gebräuchen, die man noch heute im Volke findet.
Zu Martini (10. November) werden noch „Martinshörnchen" gebacken. Am
Andreasabende (29. November) kommt der Knecht Ruprecht mit der Rute
und einem Sack voll Nüssen. Bei Hochzeiteu wird uoch gepoltert. Manche
wollen am Andreasabende und am Sylvester durch Bleigießen oder, indem
sie einen Pantoffel hinter sich werfen, oder aus den Träumen in den
12 Unternächten n. dergl. die Zukunft erfahren. Zn Ostern holt man aus
Bächen und Flüssen früh vor Sonnenaufgang Wasser, dem man besondere
Heilkraft zuschreibt. Der Kirchsteig muß über das Wasser führen. Ganz
zufällige und von dem gewöhnlichen Menschen gänzlich unbeachtete Dinge
werden oft abergläubisch gedeutet. Wem z. B. eine Spinne am Morgen
erscheint, dem bringt sie Kummer und Sorgen; am Abend dagegen ver-
kündet sie Glück und Freude. Dieselbe Vorbedeutung hat das Niesen. Wer
auf seinem Wege Schafe zur Rechten erblickt, fürchtet Unglück; znr Linken
aber lassen sie Gutes oder Angenehmes erwarten.
Schafe zur Rechten, giebt's 'was zu fechten;
Schafe zur Linken, wird Freude uns winken.
Wenn sich die Katze putzt, dann ist Besuch zu erwarten. Wem eine Katze
über den Weg läuft, dem steht au dem Tage noch ein Unglück bevor. Ge-
fuudenes Eisen bringt Glück. In dem Hanse, auf das sich eine Krähe setzt,
stirbt bald jemand. Manche glauben auch noch, daß man Krankheiten „ver-
sprechen" oder „verthuu" könne. All dieser Aberglaube ist uoch eiu Rest
von dem Heidentums unserer Vorfahren, den das einfache Landvolk bis
aus unsere Tage bewahrt hat. Eine uralte deutsche Sitte sind auch die
Walpurgisseuer, die man noch heute auf vogtländischen Höhen erglühen sieht,
und die zur Austreibung der Hexen angezündet wurden. Freilich sind viele
von diesen abergläubischen Gebräuchen anch anderwärts zu finden.
2. Eine weitere Eigentümlichkeit des Vogtländers ist seine Sprache.
Tie Vogtländische Mundart klingt hart und rauh, und erst bei näherer Be-
trachtung zeigen sich ihre Schönheiten, ihre reiche Gliederung, ihr Wohlklang.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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seitdem der Name „Vogtland" allein haften. Es bildete bis 1835 einen
besonderen Kreis, den „Vogtländischen Kreis" mit der Hauptstadt Plauen,
welche heute noch den Namen „Kreisstadt" führt. Im Jahre 1835 wurde
Sachsen in 4 größere Verwaltungsbezirke oder Kreise eingeteilt. Seitdem
gehört das Vogtland zur Kreishauptmauuschast Zwickau und umfaßt die
Amtshauptmannschaften Plauen, Auerbach und Ölsnitz. Es ist 1440 Quadrat-
kilometer oder fast 26 Quadratmeilen groß und zählt in den 15 Städten
Plaueu, Mühltroff, Pausa, Elsterberg, Netzschkau, Mylau, Reichenbach,
Lengenfeld, Treuen, Auerbach, Falkenstein, Schöneck, Markneukirchen, Adorf
und ajlsuitz und in 350 Dörfern zusammen über 300 000 Eiuwohner.
2. Wollen wir einmal um unser Vogtland herumwandern, so müssen
wir einen Weg von 36 Meilen oder 270 km zurücklegen. Wenn wir auch
täglich etwa 8 Stunden lang tapfer draus los marschieren, so brauchen wir
doch sicher 12 bis 14 Tage zu einer solchen Wanderung' denn der Weg
geht nicht glatt und eben fort, sondern führt bald bergab, bald bergauf.
Wir beginnen unsere Reise im Osten in der Nähe der Stadt Werdan und
wandern von da aus durch unser liebes Sachsenland nach Süden an unseren
erzgebirgischen Nachbarn in den Städten Kirchberg, Schneeberg und Eiben-
stock vorüber bis an die böhmische Grenze. Wir wenden uns nnn nach
Westen und überschauen von den Höhen nach links weithin unser reich-
gesegnetes Nachbarland Böhmen, nach rechts den größten Teil unseres Vogt-
laudes. Im Südwesten grüßen uns aus der Ferne die Berge und Thäler
des bayrischen Fichtelgebirges; im Westen und Norden berühren wir die
beiden Fürstentümer Reuß Älterer und Jüngerer Linie.
3. Zwei Gebirge durchziehen im Süden und Osten das Vogtland:
das Elstergebirge und ein Teil des Erzgebirges. Das Elstergebirge
zieht sich zu beiden Seiten der Elster hin. Sein höchster Berg ist der
Kapellenberg. Er liegt in der weit nach Böhmen hineinragenden Süd-
spitze des Vogtlandes, hart an der böhmischen Grenze bei dem Dorfe Schön-
berg und erreicht mit seiner Spitze eine Höhe von 757 in über dem Spiegel
der Ostsee. Das Erzgebirge reicht nur mit seinen westlichen Ausläufern
in das Vogtland herein; es beginnt bei Schöneck und läuft von da an der
böhmischen Grenze nach Osten. Der höchste Berg im Vogtlande, der 965 m
hohe Rci Hintelsberg bei Klingenthal, gehört auch noch zum Erzgebirge.
Das übrige Vogtland ist eine wellenförmige Hochebene, die sich allmählich
nach Norden zu abdacht. Es bildet eine mäßige Einfenkung zwischen dem
Erzgebirge im Osten, dem Fichtelgebirge und dem Thüringer Walde im
Westen.
4. Das Klima des Vogtlandes ist merklich rauher als das des Nieder-
landes. Trotzdem ist es fruchtbar, sodaß im Vogtlande mehr Getreidebau
getrieben wird als im Erzgebirge. Im oberen Vogtlande giebt es freilich
sehr rauhe und unwirtbare Gegenden. Dort kommt es nicht selten vor,
daß der Hafer auf dem Halme und die Kartoffel in der Erde erfrieren.
Obst gedeiht aber dort fast gar nicht. Dank den Fortschritten der Land-
Wirtschaft werden jedoch jetzt die härteren Getreidearten Korn, Gerste und
Hafer überall augebaut. In den milderen Gegenden geben aber felbst
Weizen und Ölfrüchte lohnende Ernten. Auch Obst- und Gartenfrüchte
gedeihen in geschützten Lagen sehr gut. Sie könnten und sollten aber noch
mehr gepflegt werden, als es bisher geschehen ist.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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zahlt worden. In Reichenbach wird vielfach mich der Handwebstuhl noch
gebraucht, ^vor allen Dingen zur Herstellung der bekannten „Reichenbacher
Röcke". Schon von weitem hört man aus den Häusern heraus das Weber-
schifflem klappern. Die Kinder helfen den Eltern bei ihrer Arbeit, indem
sie Garn spulen.
Wollten wir noch Ausflüge in Reichenbachs nächste Umgebung machen,
so würden wir vielleicht die „schöne Aussicht" auf der Hutleithe, das hübsch
gelegene Schießhaus und die Stadt Mylau besuchen.
Vou Reichenbach führen gutgebaute Landstraßen nach Greiz, Lengen-
feld, Netzschkau, Plauen und Zwickau. Die Chaussee, welche die letzteren
zwei Städte verbindet, ist eine alte Heerstraße. Sie könnte viel erzählen
von Kriegszügen und Blutvergießen; sie könnte davon berichten, wie zu den
Weihnachtsfeiertagen des Jahres 1430 die Hussiten nach Reicheubach zogen,
die Stadt plünderten und 300 Einwohner erschlugen. Das mag ein schreck-
liches Weihnachten gewesen sein! Im dreißigjährigen Kriege war es nicht
besser. Die Scharen des General Holk plünderten 1632 die Stadt und
brannten die Wohnungen iuuerhalb der Ringmauern nieder, mit ihneu auch
die obere Kirche, die Schule und das Rathaus. Die Einwohner hatten
sich iu die damals uoch dichten Wälder geflüchtet. Wie schrecklich in jenen
Kriegen die Soldaten hausten, kannst du daraus ersehen, daß der Nachbar-
ort „Ruppelte" gäuzlich vou ihnen zerstört worden ist. Wo einst dies Dorf
stand ■— zwischen Kleinfriesen und dem Reichenbacher Schlachtviehhof -
da ist kein Stein mehr auf dem anderen; da streute mein Bater Samen
in die Furchen, während ich am Feldrande saß und meine Gedanken dann
oftmals in jene vergangene Zeiten schweifen ließ.
Auch durch die großen Brände in den Jahren 1720 und 1833 hatte
Reichenbach viel zu leiden. Doch auch davon erholte sich die Stadt wieder
und nahm einen großen Aufschwung, so daß sie jetzt fast 23 000 Einwohner
hat und daher die zweitgrößte Stadt des Vogtlandes und die neunte
Sachsens ist.
13. Ilnsere viigttändischen Väder.
Alljährlich, wenn der Frühling seinen Einzug hält und in Garten,
Wiese, Feld und Wald neues Leben weckt, dann zieht neue Lebenslust auch
in die Brust der Menschen ein. Selbst in die Herzen der armen Kranken
kehrt mit der hellen Frühlingssonne die Hoffnung zurück und erfüllt sie mit
neuem Lebensmute. Nun ist ja die langersehnte Zeit gekommen, daß sie
nach dem Rate des Arztes ein Bad besuchen können, damit sich dort ihr
geschwächter Körper wieder erhole.
Das Vogtland hat vier Bäder; sie sind nicht Vergnügungsbäder, wohl
aber Heilbäder der vorzüglichsten Art.
1. In dem nordwestlichen Teile unserer engeren Heimat finden wir zu-
nächst die beiden Bäder
Pausa und Linda-Pansa.
Beide sind kanm eine halbe Stunde von einander entfernt. Sie haben
zwar keine so schöne Umgebung wie viele andere Bäder; doch wer sich einen
gesunden Sinn für die Natur bewahrt hat, findet auch hier, was ihm ge-
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über Hof, Plauen, Reichenbach und Werdan nach der alten Meßstadt Leipzig,
die andere über Ölsnitz, Falkenstein, Auerbach nach Zwickau, Chemnitz,
Dresden. Das brachte unserem Heimatlande großen Nutzen; denn wenn
Handel und Gewerbe blühten, wurden seine Straßen nie leer. Da kamen
die Fuhrleute mit deu hochbepackten, knarrenden „Planwagen" die Heer-
straße dccher. Große Hunde liefen neben dem Wagen her und trieben
kläffend die Pferde an. Besonders waren es Kaufleute ans dem reichen
Nürnberg und Augsburg, die die Straßen Belebten. Nürnberger Kaufleute
haben sogar die große Elsterbrücke und ein Hospital für Kranke in Plauen
erbaut. Zur Zeit der Raubritter wnrde es auch auf den vogtländischen
Straßen unsicher. Denn auch da gab es Ritter, die ans die Kanf..mnns°
wagen lauerten. Sahen sie von ihren Burgen in der Ferne einen Fuhrmanns-
wagen kommen, so saßen sie mit ihren Knechten zu Pferde. Aus einem
Hinterhalte brachen sie ans die sorglos einherziehenden Kaufleute los und
nahmen ihnen alle Habe ab. Die Überfallenen mußteu froh sein, wenn sie
nach Herbeischasfnng eines hohen Lösegeldes mit dem Leben und mit gesunden
Gliedern davon kamen. Endlich traten die deutschen Kaiser dem schänd-
lichen Treiben der Raubritter entgegen. Ihre Ranbnester wurden belagert
und zerstört, die Herren Ritter gefangen und wohl gar am ersten besten
Baume aufgehängt.
Die Straßen brachten leider anch manches Unglück ins Land. Zu
alleu Zeiten haben verheerende Kriegszüge ihren Weg durch das Vogtland
genommen. Die Geschichte des Vogtlaudes weiß davon gar viel zu erzählen,
namentlich von den Schrecken des Hnssiten- und des dreißigjährigen Krieges.
3. Heutzutage hat man nun das bequeme Durchgangsland benutzt, um
die Werke des Friedens, Industrie und Handel, zu fördern, und deu Über-
flnß des Südens gegen die Erzeugnisse des Nordens auszutauscheu. Zwei
der wichtigsten Eisenbahnlinien Sachsens, ja ganz Deutschlands, nehmen die
Richtung durchs Vogtland: die Sächsisch-Bayrische Bahn und die Linie
Reichenbach-Plauen-Eger. Daneben durchziehen noch viele andere kleinere
Bahnlinien das Land, die das Vogtland seiner regen Industrie verdankt;
keine der 15 Städte des Vogtlands ist ohne Eisenbahnverbindung. Alle
diese Linien würden aneinander gereiht eine Länge von 300 Kilometern
ergeben.
Die älteste, längste und zugleich wichtigste der vogtläudischeu Bahnen
ist die Sächsisch-Bayrische. Sie ist eine der bedeutendsten Bahnen Deutsch-
lands; denn sie verbindet den Norden mit dem Süden. Ihre Verlängerungen
aber übersteigen und durchbrechen die Alpen und finden ihr letztes Ziel erst
in Italien. Wohl alle gekrönten Häupter Deutschlands und viele Fürsten
des Auslandes sind schon auf dieser Bahn durchs Vogtland gereist.
Diese Bahn ist die erste, die der sächsische Staat auf seine Rechnung
baute und zwar in deu Jahren 1846 bis 1851. Ziemlich die Hälfte der
ganzen Bahnlänge — 80 Kilometer — gehört dem Vogtlande an.
Als die Bahn gebaut werden sollte, da schüttelten manche bedenklich
ihren Kopf. Die Leute, die den Gedanken „herausgesteckt" hatten, nannte
man „Wagehälse"; die aber, die auf den Bärenstein in Plauen einen Bahn-
Hof bauen wollten, hielt man reif für das Tollhaus; glaubte man doch nicht
anders, als daß der Zug rückwärts rutschen würde, wenn man aus der
Ebene in das Gebirge hinauffahren wollte. Als man nun gar von der
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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losließ und betäubt zur Seite rollte. Dann half er Heinrich auf, erbat
sich dessen Jagdmesser und versetzte damit dem Tiere den Todesstoß. Heiter
und siegesbewußt wandte er sich dann an seinen Landesherrn und rief:
„Herr Vogt, der Bär ist tot; ihr seid erlöst!"
Heinrich drückte seinem Retter die Hand und sprach: „Wackerer Bursche,
dir danke ich mein Leben. Sage, womit ich dir lohnen kann. Was du
wünschest, sollst dn bekommen, wenn es in meinem Vermögen steht." Der
Köhler schwieg. Nach mehrmaligem Zureden Heinrichs faßte er sich endlich
ein Herz und sagte schüchtern: „Für mich Hab' ich schon genug; wenn ich
aber nnr ein Plätzchen zu einem kleinen Häusel hätt'! Ich habe ein Schätze!,
das darf ich aber nicht eher heiraten, mein Vater will's so haben, bis wir
ein Häusel haben, wo wir hineinziehen können." Der Vogt lachte und
sprach: „Wenn dir weiter nichts fehlt, das sollst du bald haben. Geh' zu
deiner Braut, nimm sie mit und schaut euch in meinen, Lande nach einem
passenden Fleckchen um. Habt ihr es gefunden, so baut euch dort an."
Dann zog Heinrich seinen Ring vom Finger und nahm den goldnen Griff
seines Schwerts, reichte dem Köhler beides und fuhr fort: „Nimm Waffe
und Ring; wer diese Zeichen sieht, wird meinen Willen ehren. Hast du
den rechten Ort gefunden, so brich Steine auf meinem Boden, wo du Lnst
hast; schlage Bäume in meinem Walde, wo es dir gefällt, und sollte es dir
jemand wehreu wollen, so zeige nur Schwert und Ring!" Der Köhler
schüttelte vor Freude dem Vogte die Hand, dankte vielmals und rief: „O
Herr Vogt, ihr seid gut; Gott im Himmel lohn's euch euer Lebtag!"
Dann kamen die anderen Jäger herangesprengt und staunten nicht
wenig, als sie sahen, was geschehen war. Der Landvogt bestieg ein andres
Pferd, und nach wenigen Minuteu war der ganze Jagdtroß im Walde ver-
schwnnden. Der Köhler blieb noch, bis er die Kohlen seinem Vater als
gut und klingend übergeben konnte, dann eilte er zur Braut und erzählte
ihr, was geschehen war. Bald waren beide auf der Wanderung, um sich
ein schönes Plätzchen für ihr Hans auszusuchen.
Nach langem Suchen, und nachdem manches Fleckchen betrachtet und
doch nicht angenommen worden war, kamen beide endlich auf einer Höhe
an, wo mitten im Walde große Wiesen lagen. Von hier aus hatte man
eine herrliche Aussicht. Hier gefiel es der Braut und sie rief: „Das ist
ein fchöu's Eckel; wie weit kann man da sehen; hier wollen wir bauen!"
Der Köhler willigte ein. Nach wenig Monaten stand das Haus auf dem
„schönen Eckel" fertig, und die Hochzeit wurde gefeiert.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich Vogt